Meine emotionale Dürre überwand ich mit der Messie-Therapie
Über fünf lange Jahre verbrachte ich im Chaos. Ich räumte nicht mehr auf, die Einkäufe ließ ich einfach auf dem Boden stehen. Oft trank ich fast nichts und habe mich schlecht ernährt. Ich habe mich nicht mehr um mich kümmern können. 2011 hörte ich dann einen Vortrag von Frau Schröter und meine Hoffnung auf ein normales Leben kehrte zurück.
Mein erster Baum hatte einen dicken Stamm und ganz dürre Äste. Keine Wurzeln, kein Blatt. Die Reise in die Vergangenheit begann.
Seit ich denken kann, hatte ich Stress bei der Arbeit. Es hatte mir immer geholfen, mich mit meinem Freund darüber auszutauschen. Aber in dem Jahr, als meine Beziehung zu ihm in die Brüche ging, überschlugen sich die Ereignisse. Ich musste weiterhin bei der Arbeit funktionieren und war hoffnungslos überfordert. Ich hatte damals nur noch überlebt und all meine Energie in äußere Anforderungen gesteckt. Ich lief im „roten Bereich“. Die innere und äußere Ordnung brachen zusammen. Drei Hörstürze folgten kurz aufeinander. Sinnbildlich würde ich mir die Hörstürze heute so erklären: Mein Inneres schrie Hilfe: „Hör endlich auf!“ oder „Wann hörst du mich endlich?“. Frau Schröter hat mich in stetig kleinen Schritten zu kleinen Erfolgserlebnissen geführt. Zuerst haben wir in einer Einzelsitzung die Ist-Situation betrachtet und dann uns zu acht in einer Jahresgruppe einmal im Monat für einen Tag getroffen und kreative Übungen gemacht. Wir haben zum Beispiel einen Baum gemalt. Mein erster Baum hatte einen dicken Stamm und ganz dürre Äste. Keine Wurzeln, kein Blatt. Die Reise in die Vergangenheit begann.
Als ich noch keine zwei Jahre alt war, verlor ich meine noch sehr junge Mutter. Ich kann mich natürlich nicht bewusst daran erinnern. Und ich wurde auch gut versorgt damals von einer Haushälterin und bald darauf von der zweiten Frau meines Vaters, aber die mütterliche Wärme und Geborgenheit wurden durch den Verlust jäh unterbrochen. Ich hatte einfach keinen ganzen Start ins Leben. Etliche Jahre konnte ich auf dem kargen Boden überleben. Wegen einer diagnostizierten Depression war ich damals schon in Behandlung. Mein Therapeut konnte mir helfen, aber nicht mit meiner Wohnung. Die bekam ich nicht in den Griff.
Innere Prozesse in Gang bringen
Frau Schröter hat mir mit kreativen Elementen geholfen, innere Prozesse in Gang zu bringen, Gefühle wahrzunehmen, dem Schmerz über den Verlust meiner leiblichen Mutter zu begegnen. Es war kein Besprechen, sondern ein Wahrnehmen, warum ich vieles nicht loslassen kann. Sie weckte einen Prozess in mir, meine Ressourcen zu entdecken und Bestätigung zu erfahren. Es hat mir gutgetan, mich in der Therapie zu öffnen. Ich konnte das bezüglich meiner Wohnung nur dort. Zu groß war meine Scham.
Ich empfing damals keinen Besuch mehr. Es war wirklich schlimm. Die Post stapelte sich. Außer den Rechnungen nahm ich nichts mehr in die Hand. Für deren Bezahlung hat meine Energie seltsamerweise immer gereicht. Den Müll habe ich auch runtergebracht. Es war nicht eklig, hat gestunken oder so. Aber es war nicht schön, mir abends einen Weg ins Bett durch herumliegenden Krempel bahnen zu müssen. Zudem war ich eine Bewahrerin. Alte Möbel waren mir wichtig. Und Vasen habe ich gesammelt.
Mein Baum, den ich jüngst in der Jahresgruppe gemalt habe, ist wundervoll. Er hat viele Äste und grüne Blätter, Vögel fühlen sich in ihm wohl, Blumen gedeihen unter ihm und Kinder spielen dort. Jetzt habe ich ins Leben gefunden.
Während der Therapie habe ich im übertragenen Sinn meine persönlichen Juwelen ausgegraben, gereinigt und die Edelsteine zum Glänzen gebracht. Und mein größter Edelstein ist wie Ich zutiefst zuinnerst bin. Darauf bin ich stolz. Ich habe gelernt, auf meine Umwelt Resonanz zu geben und „gut bei mir“ zu sein.
Nachdem ich mich auch beruflich verändert habe und in Teilzeit arbeite, habe ich mit eigener Kraft meine Wohnung komplett neu gestaltet. Meine intensive Beziehung zu Gegenständen ist viel entspannter geworden. Inzwischen habe ich auch verstanden, dass ich nicht den Tisch meiner Großmutter ein Leben lang würdigen muss. Ich lächle, wenn ich an sie denke. Sie war ein besonderer Mensch für mich. Sie hat mich sehr geliebt.
Mein Baum, den ich jüngst in der Jahresgruppe gemalt habe, ist wundervoll. Er hat viele Äste und grüne Blätter, Vögel fühlen sich in ihm wohl, Blumen gedeihen unter ihm und Kinder spielen dort. Jetzt habe ich ins Leben gefunden.
Wenn ich heutzutage etwas kaufen möchte, das sich vielleicht in der Wohnung türmen könnte, frage ich mich: Brauche ich das wirklich? Manchmal passiert mir das bei Kinderspielzeug. Da ich selbst nicht richtig Kind sein konnte, mag ich Spielsachen besonders gerne. Es ist mir schon passiert, dass ich etwas bis zur Kasse trage und mich dann erst bewusst entscheide, dass ich es wieder loslassen möchte. Das Loslassen übe ich noch immer. Meine Jahresgruppe bei Frau Schröter mache ich bis Jahresende auf jeden Fall noch weiter. Und danach werde ich sehen, ob ich sie noch brauche.